Kritik: Yajie Zhang und Hartmut Höll eröffnen das Liedfestival-Kassel

Mahler-Lieder sind mehr als Lieder

LIEDFESTIVAL: Yajie Zhang und Hartmut Höll widmen den Auftakt einem Komponisten

Kassel - Dem Komponisten Gustav Mahler war der Auftakt des Kasseler Liedfestivals am 1.

Mai gewidmet. Und gleich zu Beginn ergab sich mit den vier „Liedern eines fahrenden Gesellen“ ein Kassel-Bezug. Hier hatte Mahler die Lieder 1885 während seiner Kapellmeister-zeit komponiert.

Aber nicht nur deshalb war es ein starkes Willkommen, das die Mezzosopranistin Yajie Zhang und der Pianist Hartmut Höll den 80 Konzertgästen im UK14 bereiteten. Denn in dem frühen Zyklus sind bereits wesentliche Elemente von Mahlers Liedschaffen angelegt. Da ist die Anlehnung an die Volksdichtung, die sich hier in den von Mahler selbst geschriebenen Texten manifestiert. Und da ist die thematische Anlage, die von Anfang an auf eine Erweiterung hin zum Sinfonischen weist. Mahler hat oft Themen seiner Lieder, ja manche Lieder selbst in seine Sinfonien übernommen. Die Lieder-Zyklen erhielten umgekehrt alle eine Orchesterbegleitung.

Hier beim Liedfestival waren die Urfassungen mit dem vom Klavier begleiteten Gesang zu hören. Doch die aus China stammende Yajie Zhang und Hartmut Höll am Klavier verbanden mit ihren Interpretationen Liedhaftes mit durchaus sinfonischem Gestus. Mit ihrer stimmlichen Fülle, ihrem zwischen lyrischer Zartheit und opernhafter Dynamic changierenden Ausdruck sowie mit ihrer Sprachbetontheit verlieh die junge Sängerin, die bereits eine beeindruckende Karriere gemacht hat, Mahlers Liedern eine teils fast schon beschwörende Intensität.

Während ihr Partner am Klavier, der zu den herausragenden Liedbegleitern unserer Zeit zählt, Ausdrucksstärke mit Klarheit verband. Das lebhaftleichte „Ging heut morgen übers Feld“, dessen Thema Mahler auch in seiner ersten Sinfonie verwendet, kontrastierte mit dem hochdramatischen „Ich hab‘ ein glühend Messer in meiner Brust“.

Nüchterner, dabei von intensive, Lied geprägt, wirken die „Kindertotenlieder“ auf Gedichte von Friedeich Rückert. In deren dramatischem Finale „In diesem Wetter“ wuchs die Interpretationen über das Liedhafte hinaus.

Eine Sinfonie aus Liedern ist Mahlers „Lied von der Erde" auf Nachdichtungen altchinesischer Lyrik. Im fast halbstündigen Schlussteil „Der Abschied" vereint Mahler helle Naturerfahrungen mit dunklen Seelenzuständen. Hier wurde das Klavier zum ausdrucksstarken und über weite Strecken solistischen Akteur, während sich im Gesang auf intensive Weise Schönheit und Resignation verbanden. Ein grandioses Finale dieses besonderen Abends, der mit starkem Beifall bedacht wurde und mit zwei Zugaben endete.

WERNER FRITSCH

Samstag, 3. Mai 2025

HNA

Next
Next

Review: Yajie Zhang and Hartmut Open the Kassel Lied Festival